Strafe in Kokainprozess mit mutmaßlich korruptem Staatsanwalt wird neu geprüft / Foto: JORGE GUERRERO - AFP/Archiv
Fast vier Jahre nach dem Fund einer riesigen Menge von Kokain im Hamburger Hafen muss über die Strafe für ein Mitglied der Drogenbande neu verhandelt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Montag in Leipzig das Urteil des Landgerichts Hannover teilweise auf, mit dem der Angeklagte zu einer Haftstrafe von zwölfeinhalb Jahren verurteilt worden war. Hintergrund sind Vorwürfe gegen einen Staatsanwalt, der an dem Verfahren beteiligt war. (Az. 6 StR 335/23)
Der Staatsanwalt wurde im Oktober festgenommen, weil er die Drogenbande gegen Geld mit Informationen versorgt haben soll. Besonders an dem Fall ist, dass der Angeklagte selbst auf den Staatsanwalt hingewiesen haben soll, woraufhin dem Urteil zufolge Ermittlungen eingeleitet wurden.
Die Drogen - etwa 14 Tonnen Kokain mit einem geschätzten Marktwert von fast 450 Millionen Euro - waren im Februar 2021 im Hamburger Hafen entdeckt worden. Sie waren von der aus den Niederlanden heraus agierenden Gruppe von Südamerika nach Europa geschmuggelt worden. In dem Komplex fielen bereits einige Urteile. Am BGH ging es nun um den Spediteur, der den Transport der Drogen in die Niederlande organisieren sollte.
Das Landgericht Hannover verurteilte ihn im März 2023 wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Die Ermittlungen in dem Verfahren führte der Staatsanwalt, der später festgenommen wurde. Unter anderem darauf stützte sich die Revision des Angeklagten.
Er machte vor dem BGH geltend, dass sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei. Der Argumentation folgte der BGH aber nicht. Neben dem mutmaßlich korrupten Staatsanwalt habe auch dessen Vorgesetzter, ein Oberstaatsanwalt, an der gesamten Hauptverhandlung als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft teilgenommen. Die Verurteilung des Angeklagten bestätigte der BGH darum, sie wurde rechtskräftig.
Die Strafe hob er allerdings auf. Das Landgericht habe nicht überlegt, ob die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten strafmildernd zu berücksichtigen seien, erklärten die Richterinnen und Richter des sechsten Strafsenats, der - anders als die meisten BGH-Senate - in Leipzig statt in Karlsruhe sitzt. Eine andere Strafkammer des Landgerichts Hannover muss nun neu über die Strafe für den Spediteur entscheiden.
K.Williams--BD