Zehn Jahre Haft für früheren Regierungsmilizionär aus Syrien wegen Kriegsverbrechen / Foto: Omar HAJ KADOUR - AFP/Archiv
Wegen Kriegs- und Menschheitsverbrechen in Syrien ist ein früherer Anführer einer regierungstreuen Miliz am Mittwoch vom Oberlandesgericht Hamburg zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin sprach es den 47-Jährigen unter anderem wegen entsprechender Taten im Zusammenhang mit Folter, Freiheitsberaubung und Versklavung schuldig.
Laut Anklage war der Beschuldigte während des syrischen Bürgerkriegs in den Jahren 2013 bis 2015 ein führendes Mitglied der Schabiha-Miliz in der syrischen Hauptstadt Damaskus, die im Auftrag der Staatsführung um den langjährigen Machthabers Baschar al-Assad agierte. Assad wurde vor etwa eineinhalb Wochen von Kämpfern unter Führung der islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) gestürzt und floh daraufhin nach Russland.
Als Milizionär war der Mann nach Feststellungen deutscher Ermittler an Misshandlungen und Verschleppungen beteiligt. In mehreren Fällen soll er etwa Menschen gefangengenommen und zur Zwangsarbeit an einer nahen Front eingesetzt haben. Diese mussten Sandsäcke für Befestigungen schleppen, wobei sie unter Beschuss gerieten. Sie erhielten kein Essen und Trinken.
In einem anderen Fall soll der Beschuldigte laut Anklage dafür gesorgt haben, dass ein Gefangener der Miliz brutal mit Plastikrohren verprügelt wurde. Die Schabiha-Miliz wurde demnach von der syrischen Regierung mit der Einrichtung von Checkpoints in Damaskus beauftragt. Ziel war es, Protest gegen Assad zu unterbinden und die Bevölkerung einzuschüchtern.
Das Hamburger Oberlandesgericht verurteilte den Mann unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Folterung in Tateinheit mit Kriegsverbrechen durch Folterung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Versklavung und Freiheitsberaubung. Dazu kamen noch Delikte im Zusammenhang etwa mit gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung. Insgesamt ging es um dutzende Fälle beziehungsweise Opfer.
Laut Gericht reiste der Beschuldigte, bei dem es sich um einen syrischen Staatsbürger handelt, 2016 nach Deutschland ein. Er wurde im August 2023 festgenommen und befindet sich in Untersuchungshaft. Laut Medienberichten wurde er in Deutschland auf Fotos wiedererkannt. In dem Verfahren schwieg der Mann. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich.
Syrien versank nach zunächst friedlichen Protesten im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 in einem blutigen Bürgerkrieg. In diesem kämpften diverse Gruppierungen mit unterschiedlichen Zielen, darunter unter anderem auch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Ausländische Staaten wie die Türkei, Iran und Russland mischten sich ein. Millionen Syrer flohen.
Nach Jahren relativer Ruhe im Bürgerkrieg brach die Herrschaft von Assad vor eineinhalb Wochen durch eine Offensive der Islamistenmiliz HTS innerhalb kürzester Zeit zusammen. Assad floh nach Russland. Die HTS und mit ihr verbündete Milizen übernahmen anschließend die Macht in Damaskus.
Kriegs- und Menschheitsverbrechen werden in Deutschland nach dem 2002 in Kraft getretenen Völkerstrafgesetzbuch verfolgt, das auf internationaler Ebene vereinbarte Strafvorschriften umsetzt. Diese regeln die Verfolgung von Völkermord und anderen Verbrechen, die in Kriegen oder bei im Rahmen systematischer Gewaltkampagnen gegen die Zivilbevölkerung verübt werden.
A.Krishnamurthy--BD