Die europäische Tochtergesellschaft der mit Sanktionen belegten russischen Sberbank steht nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) vor dem Bankrott. Die in Österreich ansässige Sberbank Europe AG sowie ihre Niederlassungen in Kroatien und Slowenien würden "wahrscheinlich" zahlungsunfähig, erklärte die EZB in der Nacht zum Montag. Das Mutterhaus Sberbank ist ebenso wie die russische Großbank VTB wegen des Ukraine-Kriegs seit vergangener Woche mit Sanktionen belegt.
Nun verschärfte sich die Lage über das Wochenende, denn die westlichen Verbündeten beschlossen am Wochenende den Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift sowie weitere Sanktionen unter anderem gegen die russische Zentralbank.
Die Sberbank Europe habe aufgrund der "Auswirkungen der geopolitischen Spannungen auf ihren Ruf erhebliche Einlagenabflüsse hinnehmen" müssen, erklärte die EZB. Sie ist der Ansicht, dass die Bank "in naher Zukunft möglicherweise nicht in der Lage sein wird, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen". Massenabhebungen hätten zu einer "Verschlechterung der Liquidität" geführt und es gebe keine "verfügbaren Mittel", die das abwenden könnten.
Die Sberbank Europe ist vollständig im Besitz der russischen Muttergesellschaft, deren Mehrheitsaktionär wiederum der russische Staat ist. Die Sberbank ist eines der größten Geldinstitute Russlands.
Die europäische Tochter hatte laut EZB zum Jahresende 2021 eine Bilanzsumme von 13,6 Milliarden Euro. Sie betreut rund 800.000 Kundinnen und Kunden und beschäftigt 3900 Menschen.
Die Sberbank Europe AG erklärte, die Bank bleibe "im engen Kontakt mit den Regulierungsbehörden", um diese nie dagewesene Situation zu lösen. Das geschehe "im Interesse unserer Kunden", erklärte die Vorsitzende Sonja Sarközi.
Als Folge der EZB-Warnung verhängte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) ein Zahlungsmoratorium über die Bank. Die Sberbank Europe AG darf demnach mindestens bis einschließlich Dienstag "keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen" vornehmen. Ausnahmen gelten für Einleger, die zur Sicherung des "nötigsten täglichen Bedarfs" maximal 100 Euro pro Tag abheben dürfen. Zugleich wurde betont, dass Einlagen bis 100.000 Euro weiterhin durch das europäische Einlagensicherungssystem abgesichert sind.
Die Sberbank Europe hat auch eine Niederlassung in Deutschland und ist außerdem in Ländern wie Bosnien-Herzegowina, Tschechien, Ungarn und Serbien aktiv. In allen betroffenen Ländern stehe die EZB mit den nationalen Behörden in Kontakt, hieß es.
In Slowenien teilte die Niederlassung mit, sie habe einen "entscheidenden Abzug von Fonds in sehr kurzer Zeit" registriert. Daher habe die Bank entschieden, in den kommenden zwei Tagen zu schließen und Abhebungen sowie Zahlungen auf 400 Euro pro Tag zu beschränken.
In Tschechien erklärte die Zentralbank, sie werde die Bankenlizenz der dortigen Niederlassung überdenken. Auch dort war von Liquiditätsproblemen in Folge erheblicher Abflüsse von Vermögen die Rede.
G.Luthra--BD