Der österreichische Kanzler Karl Nehammer hat nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen seinen Rücktritt angekündigt. "Ich werde mich als Bundeskanzler und auch als Parteiobmann der Volkspartei in den nächsten Tagen zurückziehen und einen geordneten Übergang ermöglichen", sagte der Chef der konservativen ÖVP am Samstagabend in einem auf der Plattform X veröffentlichten Video.
In Österreich war zunächst wochenlang über ein Dreierbündnis zwischen ÖVP, SPÖ und den liberalen Neos verhandelt worden. Am Freitag verkündeten die Neos jedoch ihren Ausstieg aus den Koalitionsgesprächen. Als Grund nannte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger eine mangelnde Reformbereitschaft.
SPÖ und ÖVP beschlossen daraufhin, die Verhandlungen zu zweit weiterzuführen, obwohl sie nach der Parlamentswahl im September gemeinsam nur über eine hauchdünne Mehrheit von einem Sitz im Parlament verfügen.
Doch auch diese Gespräche scheiterten. "Wir haben lange und redlich verhandelt", erklärte Nehammer auf X. "In wesentlichen Punkten ist mit der SPÖ keine Einigung möglich. Die Volkspartei steht zu ihren Versprechen: Wir werden leistungs- und wirtschaftsfeindlichen Maßnahmen oder neuen Steuern nicht zustimmen." Daher habe die ÖVP die Verhandlungen mit der SPÖ beendet.
Das EU-Mitgliedsland Österreich kämpft mit einer schwächelnden Wirtschaft und einem hohen Haushaltsdefizit. Bei der Parlamentswahl Ende September war die rechtspopulistische FPÖ mit 28,85 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft im Parlament geworden. Die konservative ÖVP erzielte 26,3 Prozent, gefolgt von der sozialdemokratischen SPÖ mit 21,1 Prozent.
Der ultrarechte FPÖ-Chef Herbert Kickl, der Kanzler werden wollte, fand bei ÖVP und SPÖ keinen Partner für eine Regierungsbildung. Daher hatten ÖVP, SPÖ und Neos Koalitionsverhandlungen aufgenommen.
"Mein Wahlkampf und meine politische Tätigkeit war und ist davon geprägt, die Kraft der politischen Mitte zu sein, um ein Bollwerk gegen die Radikalen zu bauen", sagte Nehammer in seinem auf X veröffentlichten Video. "Es ist meine tiefe Überzeugung, dass Radikale für kein einziges Problem eine Lösung bieten, sondern nur davon leben, Probleme zu beschreiben."
Nehammer bezeichnete es als "eine außergewöhnliche Ehre", Österreich als Bundeskanzler und zuvor als Innenminister gedient zu haben. Der ÖVP-Chef hatte das Amt des Kanzlers vor gut drei Jahren angetreten. Zuvor war er knapp zwei Jahre lang Innenminister.
R.Prakash--BD