Wirtschaft fordert nach Ampel-Aus raschen Neuanfang und Planungssicherheit / Foto: Odd ANDERSEN - AFP
Die deutsche Wirtschaft dringt nach dem Bruch der Ampel-Regierung auf einen raschen Neuanfang in der Politik. Die Unternehmen bräuchten Planungssicherheit und die Wirtschaftskrise im Land erfordere umgehend wieder stabile politische Verhältnisse - so äußerte sich sinngemäß am Donnerstag eine ganze Reihe von Wirtschaftsverbänden, Ökonomen und auch Gewerkschaften zu den Entwicklungen in der Bundesregierung. Mögliche Neuwahlen erst im März seien zu spät.
"Nichts braucht unsere Wirtschaft derzeit mehr als das Vertrauen in einen wirtschaftspolitischen Kurs, der die Bedingungen für Investitionen und Wachstum endlich wieder verbessert", kommentierte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, das Geschehen. "Wir hoffen deshalb auf eine kurze Übergangsphase." Es brauche eine handlungsfähige Regierung mit einer Mehrheit im Parlament.
Bei einer solchen Regierung müsse dann "die Stabilisierung unserer Wirtschaft ganz oben auf der Prioritätenliste stehen", fuhr Adrian fort: "Energiekosten runter, Steuern investitionsfreundlich gestalten, Auflagen und vielfältige Berichtspflichten müssen gestrichen, Planungs- und Genehmigungsverfahren schnell vereinfacht werden."
Als "konsequent" bezeichnete der Industrieverband BDI den Bruch der Ampel-Regierung. Die Regierungsparteien seien in den vergangenen Monaten ihrer "gemeinsamen Verantwortung für die Sicherung der Zukunft des Landes immer weniger gerecht geworden", erklärte Verbandspräsident Siegfried Russwurm. Nun seien rasch wieder "stabile Verhältnisse" nötig.
Ähnlich äußerte sich der Automobilverband VDA: "Weiteren Stillstand kann Deutschland sich in dieser Lage nicht leisten." Der Außenhandelsverband BGA hält jeden weiteren Tag mit der aktuellen Bundesregierung für einen "verlorenen Tag".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwoch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Streit um die Haushalts- und Wirtschaftspolitik entlassen und für den 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag angekündigt. Bis Ende März könnte es dann dem Kanzler zufolge Neuwahlen geben. Bis dahin will er in einer Minderheitsregierung mit den Grünen weiterregieren, außerdem bleibt Verkehrsminister Volker Wissing im Amt, der die FDP verlassen hat.
Der Deutsche Mieterbund sieht im Abgang der FDP nun die Chance auf rasche Verbesserungen beim Mieterschutz. Der Bundestag könne nun die verbliebenen Koalitionspartner "in ihrem bis dato durch die FDP blockierten Bestreben nach verbessertem Mieterschutz" unterstützen, erklärte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Zumindest müsse nun rasch der Weg "für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten mietrechtlichen Reformen" freigemacht werden.
So läuft etwa die Mietpreisbremse nach derzeitigem Stand Ende 2025 aus. Ihre Verlängerung müsse nun "schnellstmöglich" beschlossen werden, erklärte der DMB. Das hatte die Regierung auch in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter sieht eine neue Regierung als Chance für "marktwirtschaftliche Grundprämissen im landwirtschaftlichen Sektor". Lindner habe diesen in den vergangenen drei Jahren "ablehnend gegenübergestanden und sich der Diskussion dazu konsequent entzogen", beklagte der Verband und sprach von einer "Blockadehaltung" gegenüber den Landwirten.
Dies habe dazu geführt, dass sie "weiter auf eine Subventionspolitik angewiesen sind, die zu Marktverzerrungen führt, viel Steuergeld kostet und die den Milchviehhaltern aufgrund fehlender Verträge mit ihren Abnehmern keine Planungssicherheit gibt". Das müsse sich nun ändern.
Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, hält Scholz' Pläne für "sinnvoll, jetzt noch vor Auflösung des Bundestages und vor Neuwahlen zu versuchen, zentrale Gesetzespakete wie den Bundeshaushalt und den Ausgleich der kalten Progression zu verabschieden". Sonst müsse auf die vorläufige Haushaltsführung zurückgegriffen werden - das wiederum würde Investitionen bremsen und Jobs gefährden, warnte er.
C.F.Salvi--BD